8,6 Minuten zu lesen
„… oder kann das weg?“ Diesen geflügelten Ausspruch hat vermutlich jede/r schon mal gehört. Oder sogar selbst gedacht. Denn sind wir mal ehrlich, das ist schon ein durchaus dehnbarer Begriff, diese „Kunst“. Was ist das überhaupt? Kann man das anfassen? Das ist doch bestimmt eh nur überteuerter Firlefanz! Staubfänger in altbackenen Museumsbauten!
Ja, Kunst ist durchaus streitbar, lebt mitunter sogar davon. Was der Einen gefällt, muss dem Anderen noch längst nicht zusagen. Aber was soll dann überhaupt dieser Blogbeitrag? „Er will uns einen Vortag halten, LAUFT!“ Keine Panik, das hier soll keine kunstgeschichtliche Lehrstunde werden, versprochen! Aber wenn ihr mögt, könnt ihr mich gerne auf einem Streifzug durch die Duisburger Innenstadt begleiten, der zugleich zu einer kleinen Weltreise wird. Denn egal, was man von „der Kunst“ und ihren Auswüchsen halten mag (oder eben nicht) - man muss dafür nicht zwangsweise in eine Galerie oder ein Museum. Manchmal fällt sie einem auch einfach direkt vor die Füße.
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„… oder kann das weg?“ Diesen geflügelten Ausspruch hat vermutlich jede/r schon mal gehört. Oder sogar selbst gedacht. Denn sind wir mal ehrlich, das ist schon ein durchaus dehnbarer Begriff, diese „Kunst“. Was ist das überhaupt? Kann man das anfassen? Das ist doch bestimmt eh nur überteuerter Firlefanz! Staubfänger in altbackenen Museumsbauten!
Ja, Kunst ist durchaus streitbar, lebt mitunter sogar davon. Was der Einen gefällt, muss dem Anderen noch längst nicht zusagen. Aber was soll dann überhaupt dieser Blogbeitrag? „Er will uns einen Vortag halten, LAUFT!“ Keine Panik, das hier soll keine kunstgeschichtliche Lehrstunde werden, versprochen! Aber wenn ihr mögt, könnt ihr mich gerne auf einem Streifzug durch die Duisburger Innenstadt begleiten, der zugleich zu einer kleinen Weltreise wird. Denn egal, was man von „der Kunst“ und ihren Auswüchsen halten mag (oder eben nicht) - man muss dafür nicht zwangsweise in eine Galerie oder ein Museum. Manchmal fällt sie einem auch einfach direkt vor die Füße.
Mahnmal von Hede Bühne (Burgplatz)
„Skulptur für Duisubrg“ von Wasa Marjanov
Roland Statue am Duisburger Rathaus
Von Waschmaschinen und Schiffsrümpfen – Die Duisburger Brunnenmeile
o manch einer mag schon davon gehört haben. Duisburg ist nicht nur Heimat von Schimanski und Currywurst, sondern nennt auch Deutschlands wohl bekannteste „Brunnenmeile“ ihr Eigen. Zwischen Königstraße und Friedrich-Wilhelm-Platz reiht sich ein Brunnen an den nächsten, mal kaum zu übersehen, mal dezenter in die Landschaft integriert – und das teilweise sogar so dezent, dass man schnell mal dran vorbeimarschiert ist, wenn man nicht gezielt Ausschau danach hält. Ursprünglich in den 1970er Jahren als städtebauliche Planungsidee zur Innenstadtgestaltung aufgekommen, dauerte es schließlich mehrere Jahre, bis die Meile in den 1990er Jahren fertiggestellt werden konnte. Wobei „fertiggestellt“ auch eher relativ zu betrachten ist, denn wie fast alles im Leben, unterliegt auch die Kunst einem ständigen Wandel und… ja, okay, das hört sich dann doch wie ein Vortrag an. Ich gelobe Besserung! Der Gedanke hinter der Meile ist, dass die Brunnen auch ohne Wasser als Skulpturen für sich wirken. Und das schauen wir uns doch direkt mal an!
Bei bestem Wetter starte ich meinen Rundgang an der Tourist Information und kann ein paar Meter weiter schon direkt den ersten Brunnen ausmachen. André Voltens Werk ohne Titel lenkt mit seinen sechs Metern Höhe schon früh den Blick auf sich. Dass der Brunnen keinen offiziellen Titel hat, kann man wohl als Einladung verstehen, denn früh kamen die DuisburgerInnen mit einem eigenen Namensvorschlag daher. Im Volksmund hört er liebevoll auf den Namen „Waschmaschine“. Wieso? Nun, kurz nach Fertigstellung kam ein Scherzkeks auf die Idee, eine Packung Waschmittel ins Becken zu kippen. Das Ausmaß der unfreiwilligen Schaumparty kann man sich vorstellen. Und ja, seit Jahrzehnten fühlt sich immer mal wieder ein Witzbold dazu berufen, in die Fußstapfen des ersten Waschmittel-Halunken zu treten. Manche Scherze werden einfach nicht besser, egal, wie oft man sie erzählt.
„Die Waschmaschine“
„Lifesaver“ von Niki de Saint-Phalle
„Mercatorkugel“ von Friederich Werthmann
ber was nützt der Blick zurück, ich habe mir noch viel vorgenommen heute, also weiter geht’s! Vorbei an der „Waschmaschine“ (wenn der Wind „günstig“ steht, gibt es übrigens beim Vorbeigehen eine gratis Nieseldusche) geht es direkt zum nächsten Brunnen nur ein paar Meter weiter. Die „Wassermühle“ von Otmar Alt ist ein gutes Beispiel für diese Art von Kunst, die einem nicht sofort ins Auge springt. Was eigentlich schade ist, denn hier bemerkt man immer mehr Kleinigkeiten, je länger man den Blick darauf gerichtet hält. Wie sich das Wasser zum Beispiel in den Bronzeskulpturen bricht und ein ganz eigenes Farbenspiel erzeugt. Hier eine Blume, da ein angedeuteter Wasserbewohner, und überall plätschert es – ein wirklich schöner Anblick.
Auf dem Weg zum wohl bekanntesten aller Duisburger Brunnen, dem „Lifesaver“ von Niki de Saint-Phalle und Jean Tinguely (übrigens die letzte Gemeinschaftsarbeit des Künstlerpaares), richtet sich der Blick unweigerlich auch auf Duisburgs Stadttheater. Bzw. auf das Gebilde direkt davor. „5 Arcs x 5“ heißt das Werk von Bernar Venet, das schon seit annähernd zwei Jahrzehnten das Erscheinungsbild des König-Heinrich-Platzes komplettiert. Zugegeben, die Bögen erinnern dann doch ein wenig an die Rippen eines ausgewachsenen Dinosauriers, verbinden Duisburg aber auf eigentümliche Weise mit der ganzen Welt. Venets Skulpturen lassen sich in dieser oder ähnlicher Art rund um den Globus finden, von Koblenz bis Kanada.
Globus, welch ausgezeichnetes Stichwort! Etwas abseits der Fußgängerzone, vorbei am „Stadtbild“ von Ulf Hegewald und dem bereits erwähnten „Lifesaver“, befindet sich mitten auf dem Kuhlenwall die Mercatorkugel von Friederich Werthmann. Ursprünglich als Teil der Brunnenmeile konzipiert, erinnert der Stahlkoloss an seiner heutigen Stelle an einen Erdball und versteht sich dadurch als Hommage an Duisburgs wohl bekanntesten Bürger, den Kartographen Gerhard Mercator. Ein kleiner Tipp: Nehmt euch die Zeit und betrachtet die Kugel von allen Seiten. Die Art, wie die Sonne durch die Zwischenräume des Stahlgeflechts hervorblitzt, wirkt je nach Blickwinkel auf ganz unterschiedliche Weise. Und wer mag, kann im angrenzenden Restaurant direkt einen kleinen Zwischenstopp einlegen.
Mercatorbrunnen vorm Duisburger Rathaus
Froschkönigbrunnen (Alter Markt)
Tritonbrunnen (Münzstraße)
uf meiner Runde soll die Mercatorkugel nicht die einzige Hommage an den Kartographen aus dem 16. Jahrhundert bleiben. Am Rathaus angekommen, fällt der Blick unweigerlich auf den Brunnen, auf dessen mit Rundbögen, Pfeilern und Wasserspeiern versehenen Spitze das Standbild Mercators thront. Mit seinen vielen Details und verspielten Figuren wirkt das Sandsteingebilde fast märchenhaft, immer gibt es irgendwo an irgendeiner Ecke noch mehr zu entdecken. Modelliert wurde der Mercatorbrunnen übrigens im 19. Jahrhundert – nach einer Idee von Gerhard Schülke – vom Bildhauer Joseph Reiß. Dass der Mann Düsseldorfer war, lassen wir an dieser Stelle mal dezent unter den Tisch fallen…sehenswert ist der als Denkmal zu verstehende Brunnen allemal!
Der letzte Brunnen, auf den ich in diesem Blog im Detail eingehen möchte, führt mich ans Ende der Fußgängerzone. Versteckt zwischen Dekoparadies, Wellnesstempel und Supermarkt, handelt es sich beim Tritonbrunnen auf der Münzstraße um einen echten Schatz, der – meiner Meinung nach – viel zu wenig Beachtung findet. Mit seinen wasserspeienden Echsen und Schildkröten und dem über allem thronenden Bronzefisch, auf dessen Rücken der Meeresgott in Kindergestalt den Dreizack erhebt, ist der Brunnen wahrhaft ein echter Hingucker. Wüsste ich nicht genau, dass ich in Duisburg bin, könnte der Brunnen auch genau so gut Rom oder Athen seine Heimat nennen.
„Freya“ von Gerhard Marcks
Blick auf das Lehmbruck Museum
Versteckte Schätze und ein Hauch von Kopenhagen
atürlich gibt es noch viel, viel mehr in der Innenstadt zu entdecken, als die durchaus sehenswerten Brunnen. Ist euch auf dem Weg zum Beispiel die „Freya“ von Gerhard Marcks aufgefallen, wie sie auf halbem Weg zwischen Sparkasse und Commerzbank über ihr kleines Stückchen Grün wacht?
Nach einem kurzen Weg zurück über die Königstraße geht es weiter in den Sonnenwall. Es dauert nur einen kleinen Augenblick, bis man sie sehen kann, den nächsten Schatz auf meiner Runde. Wieder eines dieser Beispiele, das zeigt, wie unverhofft man auf Kunstwerke im Alltag treffen kann. Eben noch ein Stückchen Kuchen für die Mittagspause besorgt, schnell weiter zum nächsten Termin, die Kinder von der Tagesstätte abholen, der Chef wartet schon wieder auf einen. Völlig unbeeindruckt vom Gedränge um sie herum wirkt die „Hockende“ von Hans Stangl, wie sie da auf ihrem Sockel sitzt, den Kopf auf der Handfläche abgelegt, die Augen geschlossen. Unweigerlich stellt man sich die Frage, worüber sie wohl nachdenkt. Ist sie verwundert über die Passanten, die tagtäglich an ihr vorbeispazieren? Resigniert? Oder träumt sie einfach nur vor sich hin?
Wenn es ein Synonym für Entschleunigung braucht, hier sitzt oder vielmehr hockt es. Und ich kann gar nicht anders, unweigerlich denke ich an die kleine Meerjungfrau, die seit Jahrzehnten die Massen in Dänemarks Hauptstadt in ihren Bann zieht. Ähnlich geheimnisvoll wirkt auch die Hockende zwischen Cafés und Einkaufstempel auf mich. Hier muss man einfach anhalten.
„Himmelsgucker“ von Roger Löcherbach
Spaziergang durch den Kantpark
„Mondschein im Park“ von R. Löcherbach
evor mein Rundgang sein Ende findet, geht es über den Friedrich-Wilhelm-Platz noch zum Kantpark, der vor wenigen Jahren noch komplett neugestaltet wurde. Der Park ist für seine zahlreichen Skulpturen bekannt, hier erwartet und bekommt man verschiedenste Werke zahlreicher KünstlerInnen zu Gesicht, von Abakanowicz über Karavan bis Paolozzi.
Zwei Skulpturen sind mir dabei auf meinem Spaziergang noch ins Auge gefallen, die man erst zu Gesicht bekommt, wenn man den Park schon fast wieder verlassen hat. „Himmelsgucker“ und „Mondschein im Park“ heißen sie, beide von Roger Löcherbach erschaffen. Das Besondere an ihnen? Zunächst mal sind sie beide aus Holz gefertigt, was sie von den meisten Kunstwerken unterscheidet, denen ich auf meinem Weg begegnet bin.
Aber vor allem haben Sie mich an einen Urlaubsort zurückversetzt, an den ich immer wieder mit Freuden zurückdenke. „Glamis Castle“ an der Grenze der Schottischen Highlands dürfte vielen Shakespeare-EnthusiastInnen als Handlungsort einer seiner berühmtesten Tragödien bekannt sein. Mit dem „Macbeth Trail“ wird dem alten Barden auf den Ländereien des Schlosses ein Denkmal gesetzt, und die Figuren entlang dieses Pfades, die einen die Geschichte Macbeths nachempfinden lassen, sind – Obacht – aus Holz gefertigt und vom Stil denen von Löcherbach sehr ähnlich. Ein Hauch von Shakespeare und Schottland, mitten in Duisburg. Wer hätte das gedacht?
Und damit ist der Rundgang auch schon zu seinem Ende gelangt. Vermutlich – ganz sicher sogar – habe ich noch längst nicht alles gesehen, was es aus künstlerischer Sicht auf Duisburgs Straßen zu entdecken gibt.
Was bleibt mir jetzt noch zu sagen? Ja, Kunst liegt immer im Auge der BetrachterIn, das ist auch richtig so. Aber zu guter Letzt fällt mir dann doch wieder ein altes Sprichwort ein, an das ich während der Tour immer wieder denken musste: „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“. Das mag durchaus richtig sein. Aber umgekehrt ist auch nicht alles, was nicht auf den ersten Blick vor Glanz erstrahlt, automatisch kein Gold. Manchmal erkennt man den Reiz des Schönen und versteckte Schätze erst, wenn man sich einmal bewusst die Zeit dafür nimmt, innezuhalten und genauer hinzuschauen.